Änderung des Geschlechts auf einem Abschlusszeugnis

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Eberhard Stroben
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Änderung des Geschlechts auf einem Abschlusszeugnis

Beitrag von Eberhard Stroben »

Guten Morgen zusammen,
auf einem Abschlusszeugnis aus dem Schuljahr 2008/09 soll das Geschlecht einer ehemaligen Schülerin auf männlich mit einem neuen Vornamen geändert werden. So die Bitte des betreffenden Schülers.

Meine Frage zielt auf zwei Punkte.

a) Ist es uns prinzipiell erlaubt auf eine Mail hin ein Zeugnis in dieser Form nachträglich zu ändern. Müssen nicht etwa entprechende Dokumente (Gericht, Standesamt u.ä.) zur Anpassung des Geschlecht vorgelegt werden?

b) Wie ist diese Geschlechtsänderung in Schild durchzuführen?

E. Stroben
GE Schwerte
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Re: Änderung des Geschlechts auf einem Abschlusszeugnis

Beitrag von GE Schwerte »

a) Bei uns haben die Schüler in einem solchen Fall entsprechende Dokumente vorgelegt.
Sie stellen ja Urkunden aus und brauchen dementsprechend eine Grundlage.
Dann hat der Betreffende aber ein Anrecht auf neue Zeugnisse. Siehe Transsexuellengesetz.

b) Ändern Sie in Schild Geschlecht und Vornamen und drucken Sie die Zeugnisse neu aus.
Nein, sie brauchen die alten Daten nicht aufheben. Ggg. können Sie zur eigenen Dokumentation einen Eintrag
bei "Laufbahninfo" machen.
Nicht vergessen, eine Kopie des neu ausgestellten Abschlusszeugnisses 50 Jahre lang aufzubewahren (VO-DV I §9 Abs 1. Zif. 1)

Nachtrag:
Wir richten uns da nach der Vorgehensweise der Unis bzw. nach der Hoschulrektorenkonferenz:

"Bei einem Antrag auf Neuausstellung eines Hochschulzeugnisses nach einer gerichtlichen Vornamensänderung gem. §§ 1, 8 Transsexuellengesetz (TSG) empfiehlt das Präsidium der HRK den Hochschulen folgendes Vorgehen:

1. Bei Vorlage eines gerichtlichen Beschlusses zur Vornamensänderung wird das Hochschulzeugnis mit dem Datum der Ersturkunde neu ausgestellt.

2. Das ursprüngliche Zeugnis ist einzuziehen.

Begründung:
Hat die betroffene Person den rechtskräftigen Beschluss zur Vornamensänderung vom Amtsgericht erhalten, besteht nach § 5 TSG das Recht auf Nichtoffenlegung der Vergangenheit in der anderen Geschlechterrolle. Ein neu ausgestelltes Zeugnis mit aktuellem Datum oder Datum der Rechtskraft würde zur einer Offenbarungspflicht führen."
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JKleine
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Re: Änderung des Geschlechts auf einem Abschlusszeugnis

Beitrag von JKleine »

Bei mir kam die Frage auf, wie zu verfahren ist, wenn die zeichnungsberechtigten Personen zum Zeitpunkt der Erstausstellung nicht mehr im Dienst und verfügbar sind. Können dann die aktuellen Amtsinhaber (Schulleiter etc.) das Zeugnis mit dem alten Datum unterzeichnen?
Auch hier würde ich nach den Empfehlungen an die HRK handeln
(z.B. https://verwaltung.uni-koeln.de/stabsst ... x_ger.html )
wo es heißt:

"In Fällen der nachträglichen Namensänderung werden die Zeugnisunterlagen auf das ursprüngliche Ausstellungsdatum neu ausgestellt und von der*dem aktuell im Amt befindlichen Rektor*in/Dekan*in/Prüfungsausschussvorsitzenden etc. (mit aktuellem Siegel) unterzeichnet (vgl. dazu VG Lüneburg, Urteil vom 12.03.2020, Az.: 6 A 280/18). Aus den Zeugnisunterlagen soll nicht erkennbar sein, dass diese ursprünglich auf einen anderen Namen ausgestellt waren."

und das sinngemäß auf die Schulzeugnisse übertragen.
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Jochen Torspecken
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Re: Änderung des Geschlechts auf einem Abschlusszeugnis

Beitrag von Jochen Torspecken »

Ich zitiere mal die Seite des BMFSFJ (Bundesministerium):

Personen, die ihren Geschlechtseintrag und die Vornamen geändert haben, können verlangen, dass bestimmte Dokumente, die Angaben zum Geschlecht oder zu den Vornamen enthalten, mit den geänderten Angaben neu ausgestellt werden.
Dazu gehören unter anderem Zeugnisse, Ausbildungs- oder Dienstverträge, Führerscheine, Zahlungskarten sowie weitere damit vergleichbare Dokumente. ...
Das Verlangen muss gegenüber der Person, Behörde oder Stelle geltend gemacht werden, die das Dokument ausgestellt hat oder zur Ausstellung einer Zweitschrift befugt ist. Dies sind beispielsweise die Schule oder Hochschule für die Zeugnisse, der Arbeitgeber bei Ausbildungs- oder Dienstverträgen, der Vermieter bei Mietverträgen oder das Kreditinstitut bei Zahlungskarten.
Die Kosten für die Neuausstellung der Dokumente sind durch den Betroffenen zu tragen, allerdings dürfen diese nicht unangemessen hoch sein.


Da hier von Zweitschrift die Rede ist, würde ich das so interpretieren, dass das neue Zeugnis auch eine Zweitschrift sein kann (oder soll?). Da unterschreibt ohnehin die aktuelle Schulleitung und es wird auch vermerkt, dass es eine Zweitschrift ist.
Da man Zwitschriften auch bei Verlust ausstellen lassen kann, ist dadurch auch die Geschelchständerung nicht erkennbar, was ja so sein muss.
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Uli Dierkes
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Re: Änderung des Geschlechts auf einem Abschlusszeugnis

Beitrag von Uli Dierkes »

Ich verstehe das anders.
Bei der Neuausfertigung eines Zeugnisses im Geltungsbereich des Transsexuellengesetzes ist ein neues Zeugnis auszustellen, keine Zweitschrift. In solchem Fall ist selbstverständlich das alte Zeugnis (das mit dem "falschen" Geschlechtseintrag) einzuziehen und zu vernichten.

Die Ausstellung einer Zweitschrift (oder auch Drittschrift usw.) verbietet sich m.E., weil dann eine Erstschrift im Umlauf bliebe, die vom neu ausgestellten Zeugnis abweichend wäre. Das dürfte illegal, mindestens aber grob ordnungswidrig sein.
8-)      .   Einen guten Tag wünscht     Uli Dierkes
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Re: Änderung des Geschlechts auf einem Abschlusszeugnis

Beitrag von Jochen Torspecken »

Das alte Zeugnis muss auf jeden Fall eingezigen werden. Ob man es jetzt Zweitschrift nennt oder nicht, darüber kann man geteilter Meinung sein.
Bei einer Zweitschrift entfällt zumindest das Problem, dass frühere Unterzeichnende nicht mehr greifbar sind.
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Jochen Torspecken
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Re: Änderung des Geschlechts auf einem Abschlusszeugnis

Beitrag von Jochen Torspecken »

Das Transexuellengesetz wurde übrigens mit Wirkung vom 1.11.24 das Selbstbestimmungsgesetz abgelöst.
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Re: Änderung des Geschlechts auf einem Abschlusszeugnis

Beitrag von D.Jakel »

Guten Tag, die Bezirksregierung Arnsberg hatte mich, wie schon an anderer Stelle geschrieben, angewiesen, nach "6 Abschnitt Ersatz zerstörter oder
abhandengekommener Zeugnisse" zu verfahren und den Begriff "Ausfertigung" zu verwenden.
Unter den Hinweisen zum neuen Selbstbestimmungsgesetz https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/gle ... gg--199332 erscheint mir das als Rechtslaie aber eigentlich auch so gedacht zu sein wie Herr Dierkes das gesagt hat.
mfG, D.Jakel
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Re: Änderung des Geschlechts auf einem Abschlusszeugnis

Beitrag von WJohannsen »

Es geht ja um die Stelle, die das Dokument ausgestellt hat oder zur Ausstellung einer Zweitschrift befugt ist.

Da nach der Auflösung einer Schule ja die ausstellende Stelle nicht mehr existiert, gibt es aber eine neue Stelle, die für die Ausstellung einer Zweitschrift befugt wäre - und an die muss man sich dann wenden, um ein neues Zeugnis ausgestellt zu bekommen. Es steht dort nicht, dass eine Zweitschrift ausgestellt werden soll:

"(2) Die Person kann [...] verlangen, dass folgende und damit vergleichbare Dokumente, soweit diese Angaben zum Geschlecht oder zu den Vornamen enthalten und zur Aushändigung an die Person bestimmt sind, mit dem geänderten Geschlechtseintrag und den geänderten Vornamen neu ausgestellt werden," (Hervorhebung von mir)

"(3) Der Anspruch [...] richtet sich gegen die öffentliche oder private Stelle oder Person,
[...]
3. die sonst zur Ausstellung einer Zweitschrift befugt ist."

(Auszug aus § 10 SBGG)
Mit freundlichen Grüßen
Wichard Johannsen
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JKleine
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Re: Änderung des Geschlechts auf einem Abschlusszeugnis

Beitrag von JKleine »

Vielen Dank für die Beiträge!
Klar ist, dass Folgendes nötig ist:
- Nachweis der Änderung von Name und Geschlechtseintrag beim Standesamt
- Nachweis des berechtigten Interesses
- Einziehen des zu ersetzenden Dokuments.
Dann würde ich der Argumentation von Herrn Johannsen folgen, dass der Begriff "Zweitschrift" hier nur zur Definition einer zur Ausstellung berechtigten "Ersatzbehörde" dient, falls die ausstellende Stelle nicht greifbar ist und dass ein neues Original erstellt werden soll. Das deckt sich ja mit der von mir zitierten Empfehlung an die HRK.
Da dieser Fall gar nicht so selten auftreten dürfte, wende ich mich an die Rechtsabteilung der BR Köln. Bis von da eine Antwort kommt, dauert es bestimmt... Deshalb werde ich der Schule vorschlagen, wie beschrieben zu verfahren und ein neues Original auszustellen.
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